H. Theo Riegel
Leiter der Abteilung "Stationäre Einrichtungen"
des VdAK/AEV in Siegburg
Vorsitzender des Kuratoriums für Klassifikationsfragen beim DIMDI

Aufgaben und Funktion des KKG, Anteil und Interessen des KKG an der Weiterentwicklung der medizinischen Klassifikationen.
 
 

Allgemein wird argumentiert, das Industriezeitalter ist zu Ende und wir entwickeln uns zu einer Informationsgesellschaft. Für das Gesundheitswesen, insbesondere den Krankenhausbereich, kann man diese Behauptung ohne weiteres unterstreichen. Ein grundlegender Wandel steht an, ein neues Entgeltsystem wird eingeführt, die Qualitätssicherung wird neu organisiert, ein harter Wettbewerb steht sowohl den Krankenhäusern wie auch den Kostenträgern bevor. Zielgerichtete Lenkung der knappen Ressourcen wird gefordert, Leistungsgerechtigkeit ist das Stichwort.

Doch Leistungsgerechtigkeit erfordert auch Leistungstransparenz. Mit den bisherigen Instumenten der Daten nach § 301 SGB V oder den untauglichen L4/L5 Statistiken war dies nicht möglich. Leistungstransparenz erfordert tiefere Informationen über Indikationen und Proceduren von Krankheitsfällen, um eine inhaltliche Bewertung vornehmen zu können. Daneben erfordern die organisatorischen Verfahren, z.B. das maschinelle Abrechnungsverfahren, künftig praktikable Schlüsselsysteme.

Neues Entgeltsystem

Die Selbstverwaltung hat sich für die australischen AR-DRG`s entschieden. Dieses System ist das weltweit unumstritten modernste System, das auch neuere Behandlungsmethoden abbildet und die solideste Grundlage für Weiterentwicklungen, so auch die Anpassung an Deutsche Verhältnisse, ermöglicht. Allerdings verwenden die Australier eine andere ICD-Version als die deutsche SGB V Version, ebenso einen anderen Procedurencode. Mit dem ICD 10 SGB V und dem OPS § 301 SGB V lassen sich die AR-DRG`s nicht abbilden. Es wird daher erforderlich, den ICD 10 in Deutschland wieder an internationale Standards anzupassen und den OPS zu modifizieren. Da bereits im Jahre 2001 die in Deutschland einzuführenden G-DRG´s (German – Diagnosis Related Groups) kalkuliert werden sollen, müssen die Kalkulations-Datensätze mit den entsprechenden medizinischen Informationen so erhoben werden, daß sie später den zu bildenden Fallgruppen zugeordnet werden können. Da aber in 2001 nicht mit zwei verschiedenen Schlüsselsystemen gearbeitet werden kann, muß die Umstellung bereits zum 1.1.2001 erfolgen und damit auch für die bis 2002 geltenden alten Fallpauschalen und Sonderentgelte eine Neuzuordnung vorgenommen werden. Sowohl für Krankenhäuser wie auch die Kostenträger bedeutet dies eine enorme Kraftanstrengung, - und sehr viel gegenseitiges Verständnis. Der deutsche Sonderweg bei der Einführung des ICD 10 stellt sich damit im nachhinein nochmals als sehr nachteilig dar.

Ein weiteres Problem stellt der Procedurenschlüssel dar. Alle Beteiligten sind sich einig, daß der heutige OPS auf Basis des ICPM untauglich ist. Aus diesem Grund hat das KKG (Kuratorium für Klassifikationsfragen) vor zwei Jahren eine Arbeitgsgruppe eingesetzt, die die Einführungsmöglichkeit des PCS prüfen soll. Dieses aus den USA stammenden Proceduren-Klassifikationssystem wird allgemein sehr positiv bewertet. Die multiaxiale Ausprägung erlaubt eine systematischere Verschlüsselung der Proceduren und kann aufgrund der Ausprägungstiefe für verschiedene Anforderungen (Abrechnungszwecke, medizinische Dokumentation) genutzt werden. Dieser PCS soll in wenigen Jahren den heutigen OPS ersetzen. Im KKG war man sich einig, daß die Entwicklung derzeit noch nicht weit genug gediehen ist und eine Einführung zum jetzigen Zeitpunkt alle Beteiligten in der Praxis überfordert hätte.

Fakt aber ist, daß das neue Entgeltsystem an die Verschlüsselung und die Kodierung der Behandlungsfälle von Krankenhäusern völlig neue Anforderungen stellt. Das wirtschaftliche Ergebnis wird hiervon abhängen. Von daher ist es zwangsläufig, daß der Stellenwert dramatisch ansteigt; und damit auch die Anforderungen an entsprechende "Handwerksinstrumente". DV-gestützte Verfahren sind unumgänglich.
 

Qualitätssicherung

Auch die Qualitätssicherung ist völlig neu geordnet worden. Der Gesetzgeber hat durch den neuen § 137 SGB V die Kompetenz weitgehend auf die Bundesebene verlagert. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft und die Spitzenverbände der Krankenkassen haben binnen weniger Monate ein komplettes Vertragswerk verabschiedet, daß die Bildung einheitlicher Strukturen –unter Einbeziehung der Bundesärztekammer und des Deutschen Pflegerates- vorsieht. In gemeinsamer Trägerschaft soll eine Bundesgeschäftsstelle zum 1.1.2001 entstehen, die alle Verfahren einheitlich betreut.

Die Beteiligung an externen Qualitätssicherungsverfahren ist künftig keine Ermessenssache mehr, sondern Pflicht. Die Nichtteilnahme wird mit Abschlägen vom Entgelt sanktioniert.

Damit kommt auch in die QS erheblicher Druck.Dies ist auch erforderlich, weil alle Experten und auch die Erfahrungen im Ausland bei der Einführung von Preissystemen die Notwendigkeit der zeitgleichen Einführung von QS-Verfahren bestätigen.

Auch die externen QS-Maßnahmen, die ja bekanntlich das interne QS-Management unterstützen sollen, funktionieren nur mit einer entsprechenden Dokumentation. Hierfür wiederum sind Schlüsselsysteme erforderlich, die über die Diagnosen und Procedurendarstellung hinausgehen.
 

Internes Prozess-Managemnent

Nicht nur für externe, sondern insbesondere auch für interne Zwecke werden die Krankenhäuser ein völlig neu ausgerichtetes Informationswesen aufbauen müssen. Natürlich will man wissen, welche Leistungen man überhaupt unter wirtschaftlichen Aspekten erbringen kann oder will. Bei den Leistungen, die man im Programm hat, wird man versuchen, die Prozesskosten zu kennen und Wirtschaftlichkeitspotentiale freizusetzen. Dies kann sowohl durch Outsourcing als auch durch Optimierung der Abläufe im eigenen Haus erfolgen.

An das Informationswesen werden also enorme Anforderungen gestellt. Daten auswerten erfordert aber bekanntlich Daten sammeln und Daten dokumentieren. In dieser Beziehung wird vom Krankenhauspersonal künfitg mehr verlangt werden. Eine Akzeptanz ist nur zu erwarten, wenn der Aufwand auf das nötigste beschränkt bleibt. Doppel und Dreifach-Erfassungen wie heute üblich sind nicht länger akzeptabel. Einmal erfaßte Diagnosen oder sonstige Daten müssen so vorgehalten werden, daß sie für alle Zwecke, sei es nun für die Abrechnung, die QS-Dokumentation, OP-Buchschreibung, Arztbrief oder was auch immer, unkompliziert herangezogen werden können. Hierfür bedarf es integrierter Systeme. An entsprechenden Investitonen werden die Krankenhäuser nicht mehr vorbei kommen. Die Versäumnisse in diesem Bereich in der Vergangenheit sind ohnehin nicht nachvollziehbar, weil sich hierdurch auch erhebliche Rationalisierungspotentiale realisieren lassen.